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Biographie

Maiwoche, 17.05.23 (by tusch_kasten) (8).jpg

Deutschrap muss trolliger werden. Die erste Maßnahme dazu heißt Lynger. Zitat von ca. 15 zeitgenössischen Kollegen „Ganz gut für ne Frau.“ Okay, besser kann man’s wohl auch kaum sagen. Wenn man sie fragt: "Meinst du das eigentlich ernst?", dann antwortet sie: "Ja, ich meine es eigentlich ernst."

 

Wie aber beschreibt sie sich selbst? „Kennste das, wenn man denkt: What the fuck did I just watch oder hear? Quasi so ein Unfall, bei dem man nicht weggucken kann, der allerdings was positiv Inspirierendes an sich hat, weil er etwas neues verdrehtes hervorbringt, so wie Pizza  Hawaii?“ Ja, kennt man. Bei Lynger on stage kriegt man eine Idee davon, wie es wäre, wenn man Hazel Brugger auf Speed setzen und ihr rappen beibringen würde. Mit technisch hohem Niveau auf Techno Beats, natürlich. Majestätischer Next Level Shit! Ironisch, sarkastisch, auf die Fresse – und Provokation? „Ich hab mal eine kurze Zeit Battlerap gemacht, aber es macht mir kein Spaß mich stundenlang über irgendwelche nichtssagenden Rapperdudes zu informieren, um die dann zu dissen. Ich schreib lieber Songs über Inhalte die mich wirklich catchen mit einer Message die ich verbreiten will.“ Die Künstlerformel MC trägt sie eigentlich nur, weil Lynger auf Instagram schon vergeben war. Jetzt nutzt sie das Beiwort hauptsächlich, um sich über die Klischees der Rapszene, die sich ihrer Meinung nach viel zu ernst nimmt, lustig zu machen.

 

Female Rapper kann man in Deutschland aktuell noch an zwei Händen abzählen. Trashig und trollig ist keine davon. „Standeste schonmal bei ‘nem Konzert in der Crowd und wusstest nicht, ob du hart am Lachen bist oder es der Beat ist, der dich krass abschütteln lässt?“ Yes, Ma’am! „Edeltrashiger Deutsch-Rap-Punk mit Abrissgarantie“ nennt Lynger diese Wucht. Es ist als wenn man SXTN, Deichkind und Money Boy in einem Labor zusammengepanscht und in einen unzähmbaren Kopf gepackt hätte. Das Extrakt trägt Toplines wie „Mettbrötchenyoga“, „ESSN IS LAIF“ oder auch „Pomdage“, das ist eine Fusion aus „Pommes und Bondage“ passend zur gleichnamigen EP. Geht’s denn nur um Essen? „Nein, aber Essn is halt einfach Laif. Ich mach auch mal nen ernsten Song aber meine Hauptmessage ist eher Party Hard und Good Mood.“ Die Spannung entsteht bei Lynger häufig aus Kombinationen verschiedener Themen. Diese erfordern das höchste Maß an Madness und Kreativität, was sie wahlweise zu einem wortgewandten Genie oder einem Freak machen, wobei sie letzteres Wort im positiven Sinne für sich selbst verwendet. Aus der Verschmelzung entsteht jedenfalls ein strange-harmonisches Gesamtpaket aus Punk-Rap mit Haltung. Lynger ist das spannendste Guilty Pleasure der neuen deutschen Rapszene.

 

Den ersten gylen Snack gab es im Dezember 2022 mit der EP „Pommes und Bondage“. Aktuell ist Lynger auf Tour und bereitet die nächsten Veröffentlichungen vor. Wie werden die klingen? Lynger: „Als nächstes kommt ne richtig heftige Absturz-Party-Festival EP namens GOA-Walküre, angelehnt an die Techno Viking Legende. Der Shit wird episch.“ Was war eigentlich das schönste Feedback bisher? Lynger guckt in die Luft. „Es kam schon ein paar Mal vor, dass sich Leute ein Beispiel an meiner I-dont-give-a-fuck-Attitude genommen haben und dann endlich zu sich stehen konnten und einfach ihr Ding gemacht haben und es ihnen egal war, ob sie jemand als cringe bezeichnet, einfach frei sein. Das Gefühl bei anderen auszulösen ist mein höchster Lohn und das motiviert mich extrem genauso weiterzumachen, mich zu verbessern und alle existierenden Bühnen abzureißen.“

Fragen über Fragen!

Wie hast du angefangen, Musik zu machen?

Ich hatte in meinem Landschaftsarchitektur Studium als Wahlpflicht Modul so ein Englisch-Projekt. Da sollten wir uns zu einem bestimmten Thema kreativ ausleben und der Prof meinte "Ihr könnt alles machen, etwas malen, basteln, ein Gedicht schreiben... was auch immer." Und ich dachte so.. "Jo, Gedicht schreiben hab ich Bock drauf." Ich hab schließlich schon immer gern geschrieben. Und das hat auch mega Spaß gemacht.. dann hab ich ca. nen halbes Jahr Gedichte geschrieben.. und dann lief im Hintergrund zufällig ein LoFi Hip Hop Beat und ich habe gemerkt.. Wow das flowt und dann hab ich mir auf YouTube Free Beats gesucht und drauf gerappt und konnte seitdem nicht mehr aufhören. Eigentlich höre ich nur Rock und hab zu Rap nur gefunden, weil ne Studienkollegin mir SXTN und Money Boy gezeigt hat.. Also zwei Zufälle innerhalb eines halben Jahres haben dazu geführt, dass ich jetzt Rapper bin. Es ist als hätte ich endlich das perfekte Medium gefunden um mich auszudrücken.

 Was inspiriert dich?

Situationen aus dem Alltag und Gespräche. Eigentlich schreibe ich jeden Tag Lyricfetzen und Songideen digital auf, die mir im Alltag oder Unterhaltungen einfallen. Wenn ich dann mal nen neuen Song anfangen möchte, suche ich mir einen passenden Beat und entsprechende Fetzen und habe dann einen leichteren Einstieg als wenn ich vor einem leeren Blatt starten würde. Ansonsten inspirieren mich natürlich auch andere Musiker. Im Studium hat sich der Spruch "Zitieren nicht kopieren" in mir eingebrannt und so funktioniert Kreativität auch. Man nimmt etwas z. B. eine interessante Betonung (Stimmeinsatz) von einem Künstler und kombiniert sie dann mit einem Flowstyle von einem anderen. Bei mir passiert das allerdings ohne bewusst darüber nachzudenken. Manchmal sagen Leute dann.. oh das klingt wie SXTN oder das klingt wie Deichkind und dann merke ich plötzlich Aha Tatsache.. das hab ich ähnlich geflowt wie hier.. ähnlich betont wie da.. Inhaltlich bin ich -möchte ich meinen- doch ziemlich einzigartig.

Was war dein Highlight-Erlebnis als Musikerin?

Als ich bei Rock am Ring 2022 völlig fertig in nem Seitengang bei der Mainstage saß und jemand kam plötzlich vorbei und fragte "Hey du bist doch MC Lynger oder?". Das will schon was heißen bei meinen 1.5k Insta Followern und den weiß ich nicht wie vielen Besuchern bei RAR xD

Gibt es einen Song von dir, der dir besonders viel bedeutet?

Ich hab bisher noch nicht wirklich viele Songs gemacht.. Wenn wir meine Übungssongs aus dem ersten Jahr mitzählen sind es 13 (Stand Ende 2022). Von der inhatlichen Bedeutung vermutlich am ehesten "Memo an mich", weil er für Selfempowerment und meinen Ausbruch aus emotionaler Abhängigkeit steht. Anfangs wollte ich einen klassischen stumpfen Deutschraptext schreiben und mich über den typischen Chart-Rap lustig machen.. dann ist es dann plötzlich doch relativ ernst geworden, aber einige stumpfe Lines sind geblieben. Musikalisch am bedeutungsvollsten, also was meinen Beat geschmack betrifft und das Endergebnis, sind "Überkrasse GOA Party" und "Essn is Laif" ganz weit vorne. Abgeh-Songs machen auch Live einfach viel mehr Laune und das waren meine ersten. Insbesondere die Reimketten und der Flow bei Essn is Laif gefällt mir sehr gut und bei Überkrasse GOA Party ist es eher die Atmosphäre und catchige und stumpfe Hookline.

Beschreibe deine Musik in drei Worten.

Trollig, Abgedreht, Extrem

Musik ist für mich ...

... die höchste Form der Selbstverwirklichung.

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